Anfang Mai stellte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in Berlin auf dem sogenannten „Solar-Gipfel II“ die geplanten Einzelmaßnahmen seiner Photovoltaik-Strategie vor. Die Inhalte des Papiers basieren auf dem ersten PV-Gipfel, den Robert Habeck im März dieses Jahres als ersten Entwurf vorstellte. Daraufhin gingen über 600 Stellungnahmen beim Bundeswirtschaftsministerium ein. Seither wurde das Strategiepapier intern beraten, überarbeitet und finalisiert.
Das erklärte Ziel ist bereits fest definiert: Bis zum Jahr 2030 sollen 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs in Deutschland aus erneuerbaren Energien gewonnen werden. Um das zu erreichen, ist der bundesweite Zubau von Photovoltaikanlagen so wichtig wie notwendig und: Der Ausbau muss schneller gehen!
Maßnahmenpaket soll PV-Ausbau erheblich beschleunigen
Das von Robert Habeck geschnürte Maßnahmenpaket ist umfangreich. Es reicht von der Stromerzeugung über den Solarpark bis zum Balkonkraftwerk. Der Minister will an vielen Stellschrauben gleichzeitig drehen, um den nationalen Solarausbau massiv zu beschleunigen. Und das hat auch einen guten Grund, denn das erklärte Ziel der Bundesregierung lautet, das bis zum Jahr 2030 insgesamt 215 Gigawatt installierte Photovoltaik-Leistung zu erreichen sind. Und die Zeit drängt. Ende 2022 waren es 66,5 Gigawatt. Im Jahr 2022 betrug der PV-Zubau 7,3 Gigawatt. Für das laufende Jahr 2023 wird ein Solaranlagenausbau von 9 Gigawatt prognostiziert. Der Minister strebt in 2024 einen Zubau von 13 Gigawatt und im Jahr 2025 von 18 GW an.
Die Bundesregierung hat in den vergangenen Monaten bereits einige Maßnahmen verabschiedet und auf den Weg gebracht, um den Solaranlagenausbau landesweit zu fördern. Dazu zählt beispielsweise die Anpassung der Vergütungssätze für die Stromeinspeisung, die Anhebung der Ausschreibungsmengen, der Wegfall der Mehrwertsteuer beim Kauf einer Solaranlage sowie die Beseitigung steuerlicher Hürden.
Mit dem neuen Maßnahmenpaket sollen die Rahmenbedingungen verbessert, spezielle Investitionsanreize gegeben und dem Abbau bürokratischer Hemmnisse beschleunigt werden; alles mit dem Ziel, den Photovoltaikanlagen-Ausbau in Deutschland zu befeuern.
Welche Einzelmaßnahmen konkret geplant sind, lesen Sie im nachfolgenden Photovoltaik-Strategiepapier (PDF) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz:
Photovoltaik-Strategie – Handlungsfelder und Maßnahmen
Photovoltaik-Dachanlagen sollen die Regel werden
Stichwort: Direktvermarktung
Die Bundesregierung will Eigenheimbesitzern den Erwerb einer Photovoltaikanlage weiter vereinfachen. Helfen soll dabei die Absenkung technischer Anforderungen, die heute unbedingt erfüllt sein müssen, wenn Betreiber sich nicht für die Variante „Einspeisevergütung“, sondern für die Direktvermarktung ihres erzeugten Stroms entscheiden. Dazu zählt unabhängig von der Größe der PV-Anlage die Möglichkeit des Direktvermarkters, das dieser jederzeit die Menge der Energieeinspeisung per Fernsteuerung beim Erzeuger abrufen kann. Da Direktvermarkter speziell bei kleineren Anlagen von dieser Möglichkeit oftmals gar keinen Gebrauch machen, sollen die technischen Anforderungen bei PV-Anlagen bis 25 kW dazu gesenkt werden. Somit fällt die Eintrittsbarriere für die Direktvermarktung speziell bei kleineren Anlagen komplett weg.
Stichwort: Repowering
Darüber hinaus soll das „Repowering“, dass bis dato nur für Freiflächenanlagen gilt, zukünftig auch für Dachanlagen zugelassen werden. D. h. Module einer in die Jahre gekommenen Photovoltaikdachanlage, die nicht mehr die gewünschte Leistung bringen, sollen gegen Kollektoren der neuesten Generation ausgetauscht werden können, ohne das der bestehende Vergütungsanspruch erlischt. Dieser kann dann von den alten Kollektoren auf die neuen übertragen werden.
Stichwort: Solarstadl
Für den Betrieb von Photovoltaikanlagen auf Nichtwohngebäuden außerhalb von bewohnten Ortsteilen erhielten Betreiber lt. EEG 2012 nicht die reguläre Vergütung für PV-Dachanlagen, sondern nur die geringere Einspeisevergütung auf der Basis einer Freiflächenanlage. Das soll jetzt rückwirkend wieder angepasst werden. Heißt: Für Nichtwohngebäude, die bis zum 01.03.2023 gebaut wurden, gilt voraussichtlich die attraktivere Einspeisevergütung für PV-Dachanlagen. Interessant für alle, die bereits seit 2012 eine Garage, Carport, Scheune, Lagerhalle oder ein noch älteres Nichtwohngebäude besitzen.
Stichwort: Bürokratieabbau
Wer zwei PV-Anlagen auf einem Dach betreibt, dem ist das bekannt. Seit letztem Jahr ist es möglich, zwei PV-Anlagen auf einem Dach zu betreiben. Die eine für den Eigenbedarf (Teileinspeisung), die andere zur Volleinspeisung. Ziel ist es, das vorhandene Dach komplett zu belegen. Der Betreiber musste bisher jedes Jahr dem Netzbetreiber melden, welche Anlage der Volleinspeisung dient, auch wenn sich an der Nutzung der Anlage nichts geändert hat. Die jährliche Meldung soll zukünftig wegfallen und nur noch bei tatsächlichen Veränderungen verpflichtend sein.
Stärkerer Ausbau von Freiflächenanlagen und AGRI-PV
Um die gesteckten Ausbauziele zu erreichen, muss in die Fläche investiert werden. Konkret bedeutet das, dass für den Bau von Solarparks mehr Freiflächen benötigt werden. Da diese aber nur begrenzt zur Verfügung stehen, muss der vorhandene Raum möglichst intelligent genutzt werden. Dazu setzt der Minister auf innovative Konzepte wie schwimmende Solaranlagen und auf AGRI-PV, das sind Solaranlagen, die sowohl eine landwirtschaftliche als auch eine solare Nutzung auf einer Fläche erlauben.
Um den Ausbau von AGRI-PV zu fördern, sollen Anlagen mit einer installierten Leistung von weniger als 1 Megawatt (bei Bürger-Energieanlagen bis 6 Megawatt) gezielt gefördert werden. Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen zukünftig deutlich beschleunigt werden.
Auch die Bebauung von benachteiligten und ertragsschwachen Gebieten mit PV-Anlagen soll zukünftig erleichtert werden. Freiflächenanlagen speziell in diesen Gebieten durften bisher nur über Ausschreiben vergeben werden.
Die Nutzung von Mieterstrom vereinfachen
Noch werden Mehrfamilienhäuser viel zu wenig mit Photovoltaikanlagen ausgestattet. Der Minister möchte diesen Zustand ändern und ein neues Modell zur gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung einführen, um somit allen Bewohnern eines Mehrparteienhauses den Zugang zu günstigerem Solarstrom zu ermöglichen. Dazu soll das bisherige starre Mieterstrommodell entbürokratisiert werden.
Beschleunigung von Netzanschlüssen
Um den Ausbau von Photovoltaikanlagen zu zügig voranzubringen, ist es dringend notwendig, dass sowohl Dachanlagen als auch Freiflächenanlagen sehr zeitnah an das öffentliche Stromnetz angeschlossen werden.
Minister Habeck möchte daher Netzanschlussverfahren vereinfachen und beschleunigen. Konkret bedeutet das, bestehende Fristen für den Zählertausch bei Installation einer PV-Dachanlage zu verkürzen und Anlagezertifikate erst bei Dachanlagen ab einer Einspeiseleistung 270 KW vorzuschreiben.
Auch die Verlegung und der Betrieb von Anschlussleitungen für Freiflächenanlagen soll zukünftig vereinfacht werden. Über die Einführung eines Wegenutzungsrechts soll der Prozess beschleunigt werden; so wie es heute bereits beim Breitband- und Stromnetzausbau üblich ist.
Das sind nur einige wenige Maßnahmen, die das Bundesministerium in Sachen Solarausbau plant. Alle Handlungsfelder einschließlich einer Vision zum Thema Photovoltaik bis zum Jahr 2035 finden Sie im vorgenannten PDF-Dokument.
Wie geht es weiter?
Ein Teil der vorgelegten Maßnahmen soll im Rahmen des Solarpakets I noch vor der parlamentarischen Sommerpause dem Kabinett vorgelegt werden. Weitere Maßnahmen, für die längere Vorarbeiten notwendig sind, sollen über ein zweites Solarpaket folgen.